Einfache Sprache
Am 4. März ist Weird Pride Day.
Weird heißt seltsam oder merkwürdig.
Pride heißt stolz.
Day heißt Tag.
An dem Tag sagen wir:
Wir sind stolz darauf, seltsam zu sein.
Anders zu sein, als es andere Menschen gut finden.
Über bestimmte Menschen sagen andere oft, dass sie seltsam sind.
Zum Beispiel über neuro•divergente Menschen.
Das sind Menschen, die anders denken, fühlen und lernen.
Sie nehmen die Welt anders wahr.
Zum Beispiel autistische Menschen und Menschen mit ADHS sind neuro•divergent.
Auch über viele queere Menschen sagen andere:
Die sind seltsam.
Die sind anders.
Die sind nicht normal.
Neuro•divergente und queere Menschen sind nur 2 Beispiele.
Auch über andere Menschen sagen andere oft:
Die sind seltsam.
Es ist hart, wenn andere immer sagen, dass wir seltsam sind.
Oft geht es uns schlecht damit.
Manchmal werden wir sogar krank dadurch.
Weird Pride heißt jetzt:
Wir sagen:
Es ist okay, dass wir seltsam sind.
Und anders.
Wir sind nicht das Problem.
Die Menschen, die uns deshalb schlecht behandeln, sind das Problem.
Weird Pride heißt nicht:
Wir finden alles an uns gut.
Weird Pride ist ein Prozess.
Es dauert oft, bis wir wirklich glauben, dass nicht wir das Problem sind.
Schwere Sprache
Koi und ich sind bei unseren Tumblr Recherchen für den Kalender auf diesen Jahrestag gestoßen.
Und warum jetzt Weird Pride? Gerade neurodivergente Menschen werden oft als seltsam abgestempelt/rw. Wir machen oft sehr viele Ausgrenzungserfahrungen, ohne dass Menschen uns direkt als neurodivergent wahrnehmen. Es reicht aus, dass wir für andere seltsam, unangepasst, unangebracht sind.
Die Erfahrungen, die ich gemacht habe, teilen viele autistische und anderweitig neurodivergente FLINTA* Personen: Andere Menschen haben mich nicht als autistisch gesehen. Aber immer und überall als anders. Als seltsam. Als nicht normal. Und das hat Menschen ausgereicht, um mich nicht dabei haben zu wollen. Um sich über mich lustig zu machen. Um mir das Leben schwer zu machen.
Ich bin es so leid eigentlich, mich selbst fertig zu machen, weil ich an vermeintlich falschen Stellen lache, das „Falsche“ sage, unausgesprochene Dinge nicht verstehe. Mit der Zeit habe ich sehr vieles über soziale Situationen gelernt, trete in weniger Fettnäpfchen/rw, lache auch mal da, wo es neurotypische Menschen für angebracht halten, und falle insgesamt weniger auf. Ein Privileg. Aber verinnerlichter Ableismus ist sehr hartnäckig. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht abends im Bett liege und mich selbst fertig mache für all die (vermeintlich) peinlichen Situationen, in denen ich dann doch seltsam war oder mich für andere unpassend verhalten habe. Wenn ich mal unaufmerksam bin oder reagiere, ohne nachzudenken, habe ich oft wieder den Salat/rw. Es gibt mit Sicherheit Menschen, auf die die Worte Weird und seltsam besser passen als auf mich. Aber sie erklären doch auch recht Vieles in meinem Leben.
Ich habe mich letztes Jahr in der Klinik viel mit Mad und Weird Pride beschäftigt, wobei es Unterschiede gibt. Bei Mad Pride liegt der Fokus auf Menschen, die als psychisch krank wahrgenommen werden, und auf Psychiatrie-Überlebenden. Aber auch andere neurodivergente Menschen reclaimen das Label verrückt / Verrückt / verRückt (da gibt es verschiedene Schreibweisen). Weird Pride ist etwas weiter gefasst. Ich würde sagen, wir brauchen beides, Mad und Weird Pride. Auch in Deutschland. Auch auf Instagram.
Wir brauchen beides, um verinnerlichten Ableismus und andere verinnerlichte Diskriminierung abzubauen. Und um uns nicht selbst als Problem zu sehen. Was genau uns dabei hilft, ist unterschiedlich. Manchen Menschen helfen Label, wie Mad, verrückt, Weird. Manche Menschen wollen und brauchen sich keine Label geben, und das ist perfectly fine (völlig okay). Oft hilft es uns auch, andere Menschen kennenzulernen, denen es ähnlich geht.
Wie auch immer: Happy Weird Pride Day. Feiert Euch, wenn Ihr mögt und könnt. Seid möglichst nett zu Euch. Und habt möglichst Verständnis, wenn Ihr die seltsamen / als seltsam wahrgenommenen Teile von Euch (noch) nicht akzeptieren könnt. Es ist ein langer und mühsamer Prozess. So viele „möglichst“ in einem Abschnitt. Ich weiß halt, wie f*cking schwer das alles ist.
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